Politik

Christen sind nicht von der Polarisierung befreit, Evangelical Focus

Christen sind nicht von der Polarisierung befreit, Evangelical Focus

Sechzehn Jahre später wird Deutschland am Sonntag, den 26. September, einen Nachfolger für Angela Merkel bei den Bundestagswahlen wählen. Die Wahl wird in ganz Europa genau verfolgt, da der neue Kanzler des bevölkerungsreichsten Landes der Europäischen Union (84 Millionen Einwohner) zwangsläufig die zukünftigen Entscheidungen über die Grenzen Deutschlands hinaus beeinflussen wird. Umfragen zeigen, dass Merkels Partei (die Christlich Demokratische Union, CDU) leicht hinter dem Kandidaten der Sozialdemokratischen Partei, Olaf Scholz, liegt. Es wird jedoch erwartet, dass niemand eine Mehrheit der Sitze haben wird und die Notwendigkeit einer Koalitionsregierung fast sicher ist.

Wie sehen Christen in Deutschland die Wahlen? Worüber wird debattiert? Haben die Hauptkandidaten einen Glauben? Und wie stark engagieren sich freie evangelikale Kirchen in den sozio-politischen Debatten Deutschlands? Evangelical Focus sprach mit dem Journalisten Jonathan Steinert über diese Themen, um die Stimmung im Land zu verstehen. Steinert ist der stellvertretende Leiter der Redaktion des christlichen Nachrichtenmagazins PRO, das in gedruckter Form und online in deutscher Sprache veröffentlicht wird.

In Bezug auf den Glauben gab der neue CDU-Kandidat Armin Laschet an, dass seine Überzeugungen “privat” bleiben werden, falls er der nächste Kanzler wird. Angela Merkel hingegen schien nicht vor ihrem evangelischen Hintergrund zurückzuschrecken, und ihre christlichen Werte prägten ihr politisches Handeln. Ist dieser Wandel im Verständnis der Rolle des Glaubens ein Zeichen für die Säkularisierung Deutschlands? Dies ist eher eine Frage der Persönlichkeit oder Kommunikationsstrategie, denke ich. Armin Laschet ist im katholischen christlichen Glauben und Kultur verwurzelt. Er arbeitete sogar als Journalist für eine Kirchenzeitung, als er jung war. Laschets politische Aktivitäten leiten sich von seiner Beteiligung an der Kirche ab, das sagt er auch öffentlich in Interviews. Er nannte beispielsweise kürzlich ein Gedicht des evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffer als sein Lieblingsgedicht.

Andere Kandidaten haben über ihren persönlichen Glauben oder über die Rolle religiöser Überzeugungen im öffentlichen Leben gesprochen. Annalena Baerbock von den Grünen ist Mitglied der evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Sie sagte einmal, dass sie nicht an Gott glaube, aber mit ihrer Familie an Weihnachten die Kirche besuche. Olaf Scholz von der SPD war ebenfalls Mitglied der evangelischen Kirche, trat aber aus. Alle Kandidaten sprachen auf dem Ökumenischen Kirchentag, einer Massenveranstaltung. Traditionell konzentriert sich der Ökumenische Kirchentag jedoch mehr auf Politik und soziale Verantwortung als auf persönliche Überzeugungen.

Die Themen und Probleme, die für Christen bei dieser Wahl besonders wichtig zu sein scheinen, erstrecken sich von Fragen der Sterbehilfe über Ethik, Migration und Klimapolitik bis zu Abtreibung und Familienpolitik, je nach persönlicher Perspektive und Ansicht. Es gibt jedoch keine typischen “christlichen Themen”. Es scheint mehr politische Polarisierung und Unzufriedenheit im Osten Deutschlands zu geben, was auf die Geschichte des geteilten Landes von 1949 bis 1989 und die unterschiedlichen Erfahrungen und Erwartungen im Zusammenhang mit der Demokratie zurückzuführen ist. Eine Herausforderung für evangelische Kirchen wird sein, die Einheit der Gläubigen zu stärken und mit einer Vielzahl von Meinungen umzugehen, ohne sich gegenseitig zu beurteilen.

In der Tat haben Pro Medienmagazin Initiativen wie den Podcast “Glaube, Macht, Politik” und den “PROphetomat” gestartet, um Menschen bei ihrer Wahlentscheidung zu helfen. Diese wurden von den Lesern sehr positiv aufgenommen. Der PROphetomat wurde innerhalb von zehn Tagen mehr als 25.000 Mal angesehen. Viele Leser haben bereits im Voraus nach diesem Werkzeug gefragt, das ihnen dabei helfen könnte, ihre Entscheidung bei den Wahlen aus christlicher Perspektive zu treffen. Es wird darum gebeten zu beten, dass die Christen in Deutschland Orientierung durch den Heiligen Geist erhalten und in den oft emotionalen Debatten unter den Bürgern nicht verwirrt werden, sondern erkennen, was Gott von ihnen als Christen erwartet und wie sie seine Liebe widerspiegeln können. Gebet für Frieden, Versöhnung und Beruhigung anstelle von Polarisierung oder Verurteilung, und wie man eine klare, einladende und verständliche Sprache findet, die auch für Menschen, die nicht mit christlichen Traditionen und Themen vertraut sind, zugänglich ist. Beten, dass sie ihre Überzeugungen klar bekennen können.

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