Politik

Die wirklichen Probleme im Streit um das Bahnprojekt “Stuttgart 21”

Die wirklichen Probleme im Streit um das Bahnprojekt “Stuttgart 21”

Die Stellungnahme wird heute bei einer Demonstration gegen das Bahnprojekt Stuttgart 21 verteilt. Der Streit um das Projekt geht weit über den Bau eines neuen Bahnhofs hinaus. Seit Jahren beobachten Menschen, wie eine arrogante Finanzelite in Zusammenarbeit mit einer abgehobenen Politikerkaste über ihren Köpfen herrscht. Schulen, öffentliche Einrichtungen und Infrastruktur verfallen aufgrund der Einsparungen der Bundes-, Landes- und Kommunalregierungen, während Banken Milliarden an öffentlichen Geldern erhalten, um ihre Spekulationsverluste auszugleichen. Eine sieben Millionen Menschen leben von Sozialhilfe und acht Millionen von unterbezahlten Jobs, während die Anzahl der deutschen Millionärs-Haushalte allein im letzten Jahr um 23 Prozent auf 430.000 gestiegen ist. Deutsche Soldaten kämpfen und sterben in Afghanistan, obwohl es nie eine öffentliche Debatte darüber gegeben hat und die Mehrheit der Bevölkerung den Krieg ablehnt. Eine Anzeigenkampagne der Energielobby reichte aus, um die gesetzlich verbindliche Vereinbarung zur Schließung der deutschen Atomkraftwerke aufzuheben und die Lebensdauer maroder Atomreaktoren zu verlängern.

Das Bahnprojekt Stuttgart 21 ist das berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Seit Monaten demonstrieren Zehntausende wöchentlich gegen das Projekt, weil sie sich ignoriert und lächerlich gemacht fühlen. Stuttgart 21 wird nach glaubwürdigen Berechnungen mehr als 10 Milliarden Euro verschlingen. Banken, Immobilienspekulanten und Bauunternehmen werden großes Geschäft versprochen. Die Nützlichkeit des Projekts ist jedoch mehr als zweifelhaft. Die Schlichtungsgespräche zwischen den Grünen, die die Protestbewegung anführen, und der CDU werden offensichtlich nichts lösen. Die Grünen spielen das Spiel mit, weil sie der herrschenden Elite beweisen wollen, dass sie eine Protestbewegung unter Kontrolle halten können, und weil sie Regierungsämter erwarten. Wenn der ehemalige CDU-Generalsekretär Heiner Geissler es schafft, die Dinge um Stuttgart 21 abzukühlen, könnten sich die Beziehungen zwischen CDU und Grünen wieder verbessern.

Die Schlichtungsgespräche werden höchstens kosmetische Änderungen an den Bauplänen bringen und einige zusätzliche Euros für den Schutz des Eremitenkäfers und das Pflanzen neuer Bäume. Die Gespräche werden Stuttgart 21 nicht stoppen und auch nichts an dem grundlegenden Problem ändern. Angesichts der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise, die noch lange nicht vorbei ist, werden die Angriffe auf soziale und demokratische Rechte zunehmen. Die Polizeigewalt gegen friedliche Demonstranten am 30. September war keine Versehen, sondern eine bewusste Provokation. Protest allein wird also nicht ausreichen, um den mächtigen Interessen hinter Stuttgart 21 entgegenzutreten. Es wird eine breitere politische Perspektive erfordert, die sich gegen die Kontrolle des Kapitalismus über die Hebel wirtschaftlicher Macht stellt.

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